Hat Österreich eine Internetpartei? Und ist es gar die FPÖ?

Am 1. und 2. November 2011 wurde die London Conference on Cyberspace abgehalten. Eine dringend notwendige Veranstaltung, bei der Politiker, Netzexperten und Industrie die grundlegenden Fragestellungen über die Zukunft des Netzes zumindest einmal andiskutiert haben. Die Eröffnungsrede des britischen Außenministers William Hague hat mich tief beeindruckt. Da hat ein hochrangiger (und noch dazu konservativer) Politiker ein paar sehr kluge Dinge gesagt, die Wichtigkeit einer Netzpolitik unterstrichen und zumindest mal Ansatzpunkte für die Lösung der brennendsten Fragen geliefert. (Mehr dazu weiter unten.) – Nicht zuletzt deshalb habe ich heute ein kleines Experiment wiederholt.

Im Zuge der Recherchen für eine Geschichte, die ich gemeinsam mit Jan Hestman für die aktuelle Ausgabe von The Gap geschrieben habe, habe ich überlegt, wie die Gewichtung der Netzpolitik bei Österreichs Parteien dargestellt werden könnte:

Dieses Ranking kommt wie folgt zustande: Ich habe auf den offiziellen Seiten von Österreichs Parteien vier Begriffe per Google Sitesearch gesucht. Die Begriffe sollten wichtige Zukunftsthemen repräsentieren: Internet, Verkehr, Umwelt und Bildung. Dann habe ich die relativen Werte verglichen. Das Ergebnis: Bei der FPÖ kommt der Begriff „Internet“ relativ gesehen am öftesten vor. Beim BZÖ rangiert er auf Platz 2. Bei SPÖ und ÖVP und sogar bei den Grünen steht dieser Begriff im Ranking an letzter Stelle. Dass die FPÖ dennoch keine Internet-Partei ist, verdeutlicht folgender Screenshoot mit den Top-Ergebnissen.


Schon alleine in diesem Ausschnitt spiegelt sich der Themenmix der FPÖ ganz gut wider: Und der reicht eben von Online-Oppositionspolitik bis zu den vielen grauslichen Dingen, die so im Internet herumspuken. Hier ein Zitat aus dem oben erwähnten Artikel „Nischenveranstaltung Netzpolitik?“, den Jan und ich verfasst haben:

FPÖ: „Tatort Internet“
HC Strache ist der österreichische Politiker mit der erfolgreichsten Facebook-Präsenz: Seine Seite hat mehr als 100.000 Fans. Bei einer Google-Suche auf www.fpoe.at kommt der Begriff »Internet« deutlich öfter vor als etwa »Umwelt« oder »Verkehr«. Im Parteiprogramm und im»Handbuch F-Politik« ist allerdings wenig Netzpolitik zu finden. Die FPÖ bekennt sich zu einer »Gesamtinfrastrukturstrategie, die der Bedeutung von Informations- und Kommunikationstechnologien gerecht wird« und deutet an, dass das »Urheberrecht den Vorgaben des digitalen Zeitalters folgen muss«, bleibt aber damit im Gegensatz zu vielen anderen Punkten unkonkret. Am deutlichsten wird sie im Handbuch für freiheitliche Funktionäre. Im Kapitel »Tatort Internet« (dem einzigen zum Thema) werden international tätige Sadisten-Netzwerke beschrieben, die die »mit Hilfe des Internets ihren Geschäften nachgehen.«
Fazit: Netzpolitik ist kein Schwerpunkt bei den Freiheitlichen. Als Anwender sind sie aber top.


Ressourcen

Die Rede von William Hague im Wortlaut
Die wichtigsten Punkte:

Britain has proposed a set of seven principles as a basis for more effective cooperation between states, business and organisations.
These are:

  • The need for governments to act proportionately in cyberspace and in accordance with international law;
  • The need for everyone to have the ability to access cyberspace, including the skills, technology, confidence and opportunity to do so;
  • The need for users of cyberspace to show tolerance and respect for diversity of language, culture and ideas;
  • Ensuring that cyberspace remains open to innovation and the free flow of ideas, information and expression;
  • The need to respect individual rights of privacy and to provide proper protection to intellectual property;
  • The need for us all to work together collectively to tackle the threat from criminals acting online;
  • And the promotion of a competitive environment which ensures a fair return on investment in networks, services and content.

Die Stories in der Ausgabe 121 von The Gap:

Die Detailergebnisse des Google-Experiments

Ich habe es mehrfach durchgeführt. Die Ergebnisse waren jedes Mal leicht unterschiedlich. Die Relationen waren aber einigermaßen gleich. Hier das Ergebnis vom 2. November 2011, ca. 18.00. (Durchgeführt mit Google Chrome; ich war dabei bei keinem Google-Service eingeloggt.)

1. Umwelt:  41.000 (39%)

2. Verkehr: 31.800 (31%)

3. Bildung: 28.000 (27%)

4. Internet: 3.180 (3%)

1. Bildung:  63 (44%)

2. Internet: 42 (30%)

3. Verkehr: 22 (15%)

4. Umwelt: 15 (11%)

www.fpoe.at

1. Internet: 4.890 (51%)

2. Bildung: 2.060 (21%)

3. Umwelt: 1.430 (15%)

4. Verkehr: 1.230 (13%)

www.spoe.at

1. Bildung 54.300 53%

2. Umwelt: 18.200 (18%)

3. Verkehr: 16.800 (16%)

4. Internet 13.700 (13%)

www.oevp.at

1. Bildung:  4.310 (38%)

2. Umwelt:  3.160 (28%)

3. Verkehr: 2.700 (24%)

4. Internet: 1.090 (10%)

Schlussbemerkung
Mir ist schon klar, dass das keine wissenschaftliche Arbeit und die Methodik durchaus hinterfragenswert ist. Daher haben die Ergebnisse dieses Experiments (und mehr ist es nicht) auch keinen Platz im Magazin The Gap bekommen. Aber vielleicht trägt diese Spielerei doch ein wenig dazu bei, der Netzpolitik in diesem Land zu dem Stellenwert zu verhelfen, den sie dringendst benötigt.

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