„man muss aufstehen,“ sagte er und legte sich hin

allerdings legte er sich nicht irgendwo hin, sondern auf den ballhausplatz. erst verstand niemand, was das sollte. warum sollte ein berufspolitiker auf der straße schlafen? warum sollte einer wie er – einer, der das politikmachen über ideologie und parteiprogramme stellt und dafür ordentlich bezahlt wird – sein warmes bett aufgeben?
nun, er hatte sich in eine schlimme lage manövriert. er konnte alles andere als sicher sein, dass er im juni noch einen job als berufspolitiker hat. als „unabhängiger kandidat“ eines wahlbündnisses von kommunisten (die sich nach wie vor mit einer distanzierung vom stalinismus schwer tun), sozialliberalen piraten (die sich hauptsächlich mit sich selbst schwer tun) und dem „wandel“ (den niemand kennt). er hatte erkannt, dass dieses bündnis nicht tragfähig ist. in österreich nicht und in europa schon gar nicht. es war trotzdem seine einzige chance.
er hatte auch gemerkt, dass das wählerpotenzial, das die einzelnen mitglieder des bündnisses in die kooperation einbringen, nicht ausreicht. die stimmen, die sie als einzelne wahlwerbende bei der letzten nationalratswahl bekommen hatten: in summe zu wenig. noch dazu waren die mitglieder der einzelparteien nicht restlos begeistert von dieser allianz. schwer zu sagen, ob sie alle für das bündnis – für ihn – laufen würden bis zum ende des wahlkampfes. gut, sie hatten unterstützungserklärungen gesammelt. sie hatten die 2.600 unterschriften über die ziellinie getragen. wie die piraten bei der nationalratswahl. tolle leistung! bei den piraten war die luft danach draußen. alle müde.
also zählte er eins und eins zusammen. jener mann, dem er sein berufspolitkergehalt zu verdanken hatte, hatte ihm das schon mal vorgerechnet. boulevard hilft. um den boulevard zu bedienen, musste er auf das thema setzen, das die menschen in diesem land am meisten aufregte, das ihnen die galle hochtrieb, wenn sie das wort nur hörten: hypo.
also war er aufgestanden. also hatte er den ballhausplatz zu seinem boulevard gemacht. da lag er. auf einer matratze, gefüllt mit innenpolitik und wutbürgerei. europa anders. da hoffte er, dass es ihm auf dieser unterlage doch noch einmal bis luxemburg bzw. brüssel gelänge.
die parteimitglieder der bündnispartner waren begeistert. selbst die optimistischsten unter ihnen hatten nicht mit so viel medialer aufmerksamkeit für ihre skurrile zwergenallianz gerechnet. seitenweise berichte in der krone des boulevards! das musste man doch gut finden.
doch die piraten, kommunisten und wandler waren nur ein verschwindend kleiner faktor in seiner rechnung. der größere waren die wählerinnen und wähler, die ihm für seinen campingmut ihre stimme schenken sollten. die wollte er haben. die musste er haben. denen war egal, dass er mit seiner aktion am ballhausplatz lag, brüssel und luxemburg aber weit weg waren.

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