Meine #wolo12 Laudatio für Christa Zöchling

Ich hatte heute die Ehre, eine kleine Ansprache bei der #wolo-Gala halten zu dürfen. Vor langer, langer Zeit habe ich die Profil-Redakteurin Christa Zöchling vorgeschlagen (siehe hier). Das ist meine Laudatio für sie. Den Text habe ich vorab (und wie immer unter Zeitdruck) verfasst. Es gilt daher das gesprochene Wort.

[1]

Ich darf heute eine Laudatio für Christa Zöchling halten. Das Internet weiß über sie:

  • Christa Zöchling wurde 1959 in Graz geboren, hat Geschichte und Germanistik in Graz und Wien studiert.
  • Seit 1992 ist sie Redakteurin bei “Profil”. (Die schreiben das selbst zwischen Anführungszeichen.)
  • 1999 ist ihre Haider-Biographie “Licht und Schatten einer Karriere” erschienen.

Frau Zöchling ist sicher eine kluge Frau. Aber wenn sie über‘s Internet schreiben muss, kommt sie regelmäßig ins Schleudern. Mit diesem Schicksal ist sie nicht alleine. Leider!

Ich möchte Euch kurz zeigen, was ich meine.

[2]


Was ist das eurer Meinung nach?

Richtig, das ist ein so genannter „Internet-Nerd“. Andere sagen auch „radikale Netzaktivisten“ oder „Internetgemeindebürger“ zu solchen Leuten.
Frau Zöchling weiß über diese Menschen zu berichten:
„Diese Nerds, die rund um die Uhr, so scheint es, im Netz hängen, nicht allein aus beruflichen Gründen, sind die Boheme des digitalen Zeitalters. Ihresgleichen hat die Welt programmiert, in der wir leben.“
Das klingt irgendwie gut.
Aber diese Nerds haben so ihre Probleme.

 

[3]

[Frage ans Publikum:] Was ist das?

Das sind Disco-Geher. Weil, so Frau Zöchling über die Nerds:

„Es handelt sich überwiegend um junge Männer, die es in ihrer Pubertät vermutlich schwerer hatten, eine Freundin zu finden, als die Fraktion der Discogeher.“

 

[4]

Es kommt aber noch schlimmer:

„Allwöchentlich treffen sich die Aktivisten der Bewegung im Hinterzimmer eines Wiener Studentenbeisls. Der Raum ist bis zum Bersten gefüllt und der Lärmpegel hoch. Es geht um ‚INDECT, IPRED, CORDIS, Taskforces und Liquid Democracy‘ und vieles mehr, was ein normaler Mensch noch nie gehört hat. Die wahnwitzige Ausdehnung der Computerzeit und die daraus resultierende Verknappung der menschlichen Kommunikation von Angesicht zu Angesicht ziehen offenbar einen gewissen Sprechdurchfall nach sich.“

Das sieht dann so aus:

 

[5]

Das muss man sich jetzt mal durchdenken: Die Nerds haben die Welt programmiert in der wir leben und wenn jetzt so Grauslichkeiten wie INDECT kommen, mit denen diese Welt wieder zerstört oder zumindest beschränkt werden soll, dann interessiert das die „normalen“ Menschen eigentlich gar nicht.
Sorry, Frau Zöchling!

[6]

Jetzt muss ich ein wenig ausholen: Ich habe das gelesen als ich mit meiner Freundin im Prater in der Sonne gelegen bin. Ich habe als mittelreifer Mensch also doch noch eine Freundin gefunden. Der Akku meines Smartphones war leer und so habe ich im Profil geblättert. Die Story von Frau Zöchling hat mich so aufgeregt, dass ich mich auf‘s Rad setzen und nach Hause fahre musste, um meinen Unmut in dieses Scheiß-Internet hineinzuschreiben. Monate später bin ich der Partei beigetreten, die Frau Zöchling da beschreibt.

[7]

Und damit niemand sagt, ich betreibe hier Wahlwerbung für die Piraten, habe ich noch ein anderes Gustostückerl von Christa Zöchling. Bei dem Artikel ging es um das Strafverfahren rund um die „Alpen.Donau“-Homepage („Privatsphären“ im Profil Nr. 48 vom 26. November 2012):

„Als Wilhelm A. diese im Gerichtsaal [Anm: Hier geht es um Argumente] vorbrachte, spiegelte sich Verwirrung auf den Gesichtern der Geschworenen. Stundenlang waren sie mit Vorträgen über Anonymisierungsproxys, TrueCrypt, PGP, Verschlüsselungstechniken, Passwörter, Logdateien und Zugangscodes traktiert worden. Und plötzlich tauchte ein Gedanke auf, den jeder Laie kennt, dem jeder schon einmal nachgegangen war: dass am Computer unerklärliche Dinge passieren können – eine Alltagserfahrung.“

 

[8]

Ich möchte Frau Zöchling nicht absprechen, dass sie eine gute Journalistin  ist. Ich möchte ihr auch nicht absprechen, dass sie gut schreiben kann. Ich sehe in ihren Texten aber ein wirklich tiefes Unverständnis allen technologischen Entwicklungen gegenüber – und ich verspüre viele Vorurteile und Ressentiments. Da sie zumindest erkannt hat, dass Internet-Nerds diese Welt neu gestalten können, wünsche ich mir, dass Christa Zöchling in Zukunft nicht mehr über den Code schreibt, der dieser Welt zugrunde liegt. Den versteht sie offensichtlich nicht.

Nach oben